| Eine gesellschaftliche Alternative (1)           von Klaus Buschendorf Alle reden über Sarrazin – wir nur wenig. Warum? Wir halten  diesen großen Wirbel für ein Mittel, von den wirklichen Problemen dieser  Gesellschaft abzulenken. Dazu muss man schon einigermaßen wichtige Teilprobleme  aufgreifen (wie es Sarrazin tut), muss sie emotional aufladen (wie es seine  Gegner tun) und massenmediengerecht verkaufen (wie es BILD u. a. tun). Dann  lässt man „Deutschland“ diskutieren, bis die Menschen müde werden. Das war es  auch schon. Oft ist das schon so gewesen. Geändert hat sich zum Thema wenig –  aber im Schatten dessen wurden Gesetze verabschiedet, die es in sich hatten.  Und kaum einer hat’s bemerkt. Diesmal geschieht das mit dem Sparpaket. Im Schutze  dieser Diskussion wird es beraten und verabschiedet. Und keiner hat es richtig  bemerkt. Wir wollen den Blick auf Wesentlicheres lenken als die  Tagesereignisse. Was muss sich ändern in unserer Gesellschaft? Das  soll unsere Fragestellung sein. Es sind die Bedürfnisse der Menschen, denen wir  unser Augenmerk zuwenden. Das erste ist: Ein klein wenig besser leben als  vorher. Damit sind die meisten Menschen schon zufrieden – es muss nicht die  Jacht sein und das Cabrio oder die Villa. Um dieses kleine Bedürfnis gruppieren  sich Begriffe: Freiheit, Gerechtigkeit, Geborgenheit. Finden wir sie heute? Sie  sind noch da, doch andere dominieren den Alltag: Höchstleistung, Selbstverwirklichung,  Spaß haben ... Diese vorherrschenden Begriffe des heutigen „Mainstream“ haben  verheerende Wirkung in derMoral der heutigen Zeit gezeigt: Hemmungslosen Egoismus,  Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Unterordnung unter den Chef und  Ellenbogen gegen den Kollegen, Auseinanderreißen von Familien, weil man „der Arbeit  nach zieht“, ...
 Alle diese einzelnen Ausprägungen der heute über uns  kommenden neoliberalen „Schockstrategie“ (Buch von Naomi Klein) werden mit viel  Engagement „sozialer Netzwerke“ bekämpft und ihre Auswirkungen gemildert. Wir sind  der Meinung: Das reicht nicht. Die Partei „DIE LINKE“ hat ein Programm vorgelegt.  Es zeigt die Richtung, in die auch wir gehen wollen. Doch: Es ist ein  Parteiprogramm. Parteien sind Teile des Systems, selten haben Parteien den Gang  der Geschichte verändert. Ihre Programme müssen auf kurzfristige Zielstellungen  beschränkt bleiben, weil die Wähler in ihrer Mehrheit nur den Vierjahreszyklus  der Wahlen überschauen. Mit dieser gesellschaftlichen Alternative wollen wir  größere Zeitabschnitte in den Blick nehmen. Viele Einzelheiten bleiben in  dieser „Gesellschaftsalternative“ unklar, manche werden gar nicht erwähnt. Wir  halten es auch nicht für sinnvoll, sie weiter auszuführen, weil die Entwicklung,  einmal angeschoben, neue und überraschende Lösungen parat halten wird, deren  Möglichkeiten wir heute noch gar nicht überschauen können. Nur an den  unmittelbaren Bedürfnissen der Menschen wollen wir konsequent festhalten als Leitschnur  jeder Überlegung. Welche sind das? Die unmittelbare Sicherung vor Armut,  das Leben in einer Familie, Gerechtigkeit im Umgang der Menschen untereinander,  Solidarität in der Gesellschaft.Aber das wollen wir nicht nur als Zielstellung propagieren.  Wir wollen zeigen, wie es methodisch möglich sein kann, diese Ziele auch  methodisch umzusetzen. Dabei müssen wir stets bedenken: Es wird immer  Menschen geben, die Veränderungen in der Gesellschaft nicht wollen. Das nicht  sehen zu wollen, führt zu Wunschdenken und in die Irre. Wie mit diesen uns  entgegen stehenden Kräften umzugehen ist, kann erst die Zukunft zeigen. Die  Reaktion dieser Menschen, die keine Veränderung wollen, kann verschieden sein  und unser Handeln bestimmen. Wie wir dann entscheiden müssen, ist nicht Aufgabe  dieser Überlegung. Sie ist eine Zielvorstellung, eine Vision. Nichts ging in  der Geschichte ohne Visionen. Sie sollten nur niemals weltfremd sein.
 Viele Menschen zweifeln viel zu schnell an, dass dieses oder  jenes „nicht machbar“ sei. Dabei gibt es in der Welt und in der Geschichte nur  eine wirkliche Konstante: Nichts bleibt, wie es ist und war. Freilich  ist es für den Moment manchmal gedanklich leichter, sich in sein Schicksal zu  ergeben, weil man „gegen die da oben doch nichts machen kann“. Doch das ist ein  Trugschluss. Es führt zum gleichen Ergebnis wie eine Betäubung mit Alkohol: Es  wird nur schlimmer. Und damit bestätigt sich auf makabre Weise, dass „nichts  bleibt, wie es ist und war“. Aber dies ist die negative Variante. Wir wollen  aufrufen, aktiv an der Veränderung der Welt zu wirken – nicht mehr und nicht  weniger. Mancher braucht dazu Mut, sich aus der durch Hartz IV „erworbenen“  Lethargie zu lösen, mancher braucht Wut, weil er sich ungerecht behandelt  fühlt, mancher braucht ..., so viele mögliche Motive, für die Veränderung der  Gesellschaft tätig zu werden. Wir wollen sie bündeln. Denn Veränderungen kommen  nur zu unseren Gunsten, wenn viele Menschen einen Strang finden und an ihm  gemeinschaftlich ziehen. Dazu wollen wir mit den nachfolgenden Texten beitragen. Lesen Sie demnächst auf diesen Seiten: „Linke  Gesellschaftsalternative“.           |